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Predigt: Hören – Gehen – Sehen – Erzählen – weitergehen

Pastor Markus Bauder gehalten am 25.12.2023 in der Hoffnungskirche.
Text/Thema: „Hören – Gehen – Sehen – Erzählen – weitergehen“ Lukas 2,15-20
Die Predigt hier auf unserem YouTube-Kanal anhören.

Lukas 2,8-20 (BasisBibel):

In der Gegend von Betlehem waren Hirten draußen auf den Feldern. Sie hielten in der Nacht Wache bei ihrer Herde. Auf einmal trat ein Engel des Herrn zu ihnen, und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie. Die Hirten erschraken und große Furcht erfasste sie. Der Engel sagte zu ihnen: »Fürchtet euch nicht! Hört doch: Ich bringe euch eine gute Nachricht, die dem ganzen Volk große Freude bereiten wird. Denn heute ist in der Stadt Davids für euch der Retter geboren worden: Er ist Christus, der Herr. Und dies ist das Zeichen, an dem ihr das alles erkennt: Ihr werdet ein neugeborenes Kind finden. Es ist in Windeln gewickelt und liegt in einer Futterkrippe.« Plötzlich war der Engel umgeben vom ganzen himmlischen Heer der Engel. Die lobten Gott und riefen: »Gottes Herrlichkeit erfüllt die Himmelshöhe! Sein Frieden kommt auf die Erde zu den Menschen, denen er sich in Liebe zuwendet!«

Die Engel verließen die Hirten und kehrten in den Himmel zurück. Da sagten die Hirten zueinander: »Kommt, wir gehen nach Betlehem! Wir wollen sehen, was da geschehen ist und was der Herr uns mitgeteilt hat!« Die Hirten liefen hin, so schnell sie konnten. Sie fanden Maria und Josef und das neugeborene Kind, das in der Futterkrippe lag. Als sie das sahen, erzählten sie, was ihnen der Engel über dieses Kind gesagt hatte. Alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen die Hirten berichteten. Aber Maria merkte sich alle ihre Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. Die Hirten kehrten wieder zurück. Sie priesen und lobten Gott für das, was sie gehört und gesehen hatten. Es war alles genau so, wie es ihnen der Engel gesagt hatte.

Wie habt ihr gestern und heute gefeiert? Und wann genau war dabei Weihnachten? Ist der Gottesdienstbesuch das wichtige oder entscheidende? Oder die Weihnachtsgeschichte? Oder „o du fröhliche“? Oder das Zusammensein in den Familien, gutes Essen. Oder die Geschenke? Oder alles miteinander?

Entsteht Weihnachten eher im Kopf? Oder im Herz? Und ist Weihnachten abhängig von dem Äußeren? Weihnachtsbaum? Lichterketten? Geschenke kaufen? Plätzchen backen?

Habt Ihr gestern die wahre Bedeutung von Weihnachten gefeiert? Oder hatte es eben die Bedeutung, die ihr ihm gegeben haben? Ist das einfach Kultur und Tradition? Mal mehr oder mal weniger innere Beteiligung?

Oder wird es auch persönlich? Berührt uns Weihnachten? Verändert es etwas? Und wie wichtig ist, dass immer alles so bleibt wie es ist?

Meine Kinder wollen, dass es an unserer Familienweihnachtsfeier immer Lasagne gibt …

Ich denke, dass es wichtig ist, sich immer wieder neu Gedanken über Weihnachten zu machen. Es ist jedes Jahr. Dasselbe Fest. Und doch sind wir jedes Jahr andere. Jedes Jahr dasselbe und doch immer wieder neu. Obwohl es im Grunde immer um dieselbe Sache geht: Christus ist geboren.

Ausgangspunkt für meine Überlegungen sind dabei ganz unterschiedliche Dinge, Gedanken und Erfahrungen.

Zum einen haben meine Frau und ich in diesem Jahr ein Experiment gemacht und einen alternativen Weihnachtsbaum gebastelt. Hier seht ihr ein Foto davon …

Schon länger denken wir, dass es ein Unding ist, für 10 Tage, die der Baum in unserer Wohnung steht, einen Baum zu fällen, der 8-12 Jahre gebraucht hat, um 2 m hoch zu werden.

Christus ist geboren, ein neuer Mensch, ein Kind – und wir fällen dafür einen Baum…? Kann man das nicht anders machen?

Und jetzt haben wir einen gebaut, den man auseinanderbauen und jedes Jahr wieder neu bauen kann. Aber er ist halt nicht grün. Aber sehr nachhaltig.

Uns gefällt es…

Aber es wird nicht unser letztes Experiment sein… Unser letztes Weiterdenken, oder Weiterentwickeln desselben Festes.

Ein anderer Gedanke ist, dass ich in einem Kommentar über das Lukasevangelium gelesen habe, das es das Evangelium der Wege sei. Da passiert selten was einfach so, sondern da werden häufig Wege gegangen. Zacharias ist Priester in Jerusalem, wohnt mit Elisabeth irgendwo im Bergland außerhalb der Stadt. Maria wohnt in Nazareth. Maria besucht Elisabeth. Maria und Josef gehen nach Bethlehem, dann gehen die Hirten los. Dann gehen Maria und Josef nach Ägypten usw. Später ist Jesus viel unterwegs und erzählt Geschichten, in denen auch immer wieder Wege gegangen werden: Der verlorene Sohn geht weg und kehrt zurück, die Emmausjünger gehen von Jerusalem weg und dann wieder zurück. Im Lukasevangelium ist man unterwegs.

Man könnte auch sagen, Glaubensgeschichten sind im Lukasevangelium auch häufig Weg-Geschichten. Geschichten, in denen Menschen einen Weg zurückgelegt haben.

Das habe ich beim Nachlesen über die Weihnachtsgeschichte gelesen. Als es um die Hirten ging.

Die Hirten haben auch einen Weg zurückgelegt. Nicht nur den von ihren Herden zum Stall von Bethlehem. Anders als wir Spätgeborenen sind die Hirten ja komplett ahnungslos. Die haben kein Evangelium gelesen und kennen auch das Ende der Geschichte nicht. Sie wissen nichts von Jesus als Wundertäter oder Sohn Gottes, sie wissen auch nichts von Ostern. Die Hirten sitzen in der Nacht am Feuer. Bewachen und beschützen ihre Tiere vor den Raubtieren und anderen Räubern dieser Welt.

Dann tauchen die Engel auf. Boten Gottes. Die erzählen ihnen die frohe Botschaft.

Was immer genau sie da erzählt bekommen haben. Das, was in der Bibel steht, kann ja nur eine extreme Verkürzung sein. Jedenfalls war es etwas, das sie so sehr bewegt, dass sie letztlich losgelaufen sind. Sie bewegen, sie verändern sich.

Und sie erzählen von ihrem Weg. Den Menschen, die da so gewohnt haben. Sie haben der Botschaft geglaubt und dann ist die Botschaft ihre eigene geworden. Der Weg wurde ihre eigener.

Irgendwann kehren sie auch wieder an ihre Feuer zurückgekehrt und haben auch denen, die möglicherweise dageblieben sind, ihre Geschichte, ihren Weg erzählt.

Das Evangelium schickt auf einen Weg. Geschieht als Weg. Setzt Menschen in Bewegung…

Ob der Weg an dieser Stelle für die Hirten zu Ende war? Man weiß es nicht. Vermutlich wird diese Geschichte noch lange an den Hirtenfeuern, in den Familien und in der Gegend weitererzählt.

Allerdings passiert dann in und um Bethlehem 30 Jahre lang nichts. Die kleine Familie ist bei Nacht und Nebel geflüchtet und untergetaucht. Erstmal kein Messias, kein Heiland…

Ob sich die Hirten, oder ihre Nachkommen, denen sie die Geschichte erzählt haben, 30 Jahre später noch an den Anfang in Bethlehem erinnern? Und ob sie die Ereignisse von damals mit dem Messias und Sohn Gottes Jesus von Nazareth in Verbindung bringen?

Vermutlich irgendwann schon. Vielleicht erst Jahre später …

Wisst ihr noch, damals … Die Geschichte, die der Opa oder die Oma immer erzählt hat …

Wirklich schlüssig wird die die Geschichte ja erst von ihrem Ende her. Der Tod und vor allem die Auferstehung Jesu machen die Geburtsgeschichte wichtig und bedeutsam. Der Auferstandene lässt die Dinge in einem neuen Licht erscheinen.

Wege gehen. Sich neu darauf einlassen. Die Dinge bedenken.

Dabei kann es lange Zeiten geben, in denen nichts passiert. Oder alles beim Alten bleibt. —–

Das alles ist über 2000 Jahre her. Wir haben die Geschichte von unseren Eltern oder Großeltern gehört. Oder in der Sonntagschule, in Gottesdiensten oder im Reliunterricht. Menschen sind zu Engeln geworden und haben uns die Botschaft gebracht.

Vielleicht nicht ganz so sensationell wie bei den Hirten damals, aber auch zu uns sind Boten Gottes gekommen und haben uns die Geschichte erzählt, gesungen oder gespielt. Oder wir haben sie selbst gelesen.

Fürchtet euch nicht! Siehe ich verkünde euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr!

In welcher Situation uns diese Botschaft wohl erreicht hat oder erreicht?

War oder ist es Nacht und dunkel in unserem Leben wie bei den Hirten? Wir sind vielleicht gerade dabei, das, was uns anvertraut ist, zu bewachen und zu beschützen? Dinge oder Menschen die wir lieben? Vor den Raubtieren und Räubern des heutigen Lebens. Kriegstreibern. Terroristen. Den Kräften Marktes. Vor denen, die keine Rücksicht nehmen.

Vielleicht heißen die heutigen Raubtiere auch Krankheit, Verzweiflung, Einsamkeit, Bedeutungslosigkeit.

Wir hoffen, dass uns die Dinge und das Leben nicht entgleiten.

Wie reagieren wir, wenn wir die Botschaft im Kalender sehen und uns klarmachen: Adventszeit! … Weihnachten! … Christus ist geboren! Freue dich o Christenheit!

Löst das in uns etwas aus? Lassen wir uns gar in Bewegung setzen? Und sei es nur die Bewegung der Besinnung, des Bedenkens? Des Nachdenkens?

Wie will ich, wollen wir dieses Jahr Weihnachten feiern? Was beschäftigt uns? Was ist wichtig?

Übrigens – ich habs schon angedeutet: Wir wissen nicht, wie lange der Weg der Hirten war. Und dass dann 30 Jahre nichts zu sehen war von einem Heiland oder Messias.

Manche hören von dem Christuskind oder von Weihnachten und sind sofort erleuchtet. Wie ein helles Licht verändert es alles in ihrem Leben. Direkt. Euphorisch. Begeistert und begeisternd. Klasse.

Aber manche sind auch lange unterwegs. Zehren vielleicht über viele Jahre von einer Geschichte, die lange vorbei ist. Und immer wieder die bange Frage: was ist oder war da dran? War ich schon dort? Hab ich den Heiland gefunden oder doch nicht. Jahrelang schon nichts mehr von ihm gehört.

Und dann ist die Geschichte ja auch gar nicht so berauschend. Ein neugeborenes Kind mit seinen Eltern in armseligen Verhältnissen.

Der Weg zum und mit dem Christuskind ist mitunter lange. Bis man das findet. Bis man es kapiert. Bis es Wurzeln schlägt und Früchte trägt.

Manche gehen jedes Jahr mit großer Begeisterung zum Stall in Bethlehem, singen voller Überschwang die Weihnachtslieder und man hat das Gefühl, sie wähnen sich eher in einem Palast. Sie schwelgen regelrecht im Rausch der Sinne und der entfesselten Lichtorgien.

Andere sind eher wie Maria. „Und sie behielt die Worte und bewegte sie in ihrem Herzen“. Innwendig. Oder wie die Hirten, die bei den Herden geblieben sind und eher zögerlich auf die Begeisterten schauen. Ein wenig skeptisch. Nüchterner. In sich gekehrt… aha … schau mr mal.

Wege gehen. Die Botschaft von Weihnachten hören: Christus ist geboren!

Was heißt das in diesem Jahr 2023? Und was heißt es für die Zeit, die vor uns liegt?

Was löst die Botschaft in uns aus? Welche Hoffnungen? Welche Fragen? Welche Überlegungen und Gedanken. Was wollen wir tun? Wie wollen wir feiern? Und wie wollen wir in die Zukunft gehen.

Bei mir – und bei meiner Frau – hat es ja kurioserweise dazu geführt, dass wir uns Gedanken über den Weihnachtsbaum gemacht haben. Nicht weltbewegend. Jetzt ist er anders als vorher. Nachhaltiger. Das Klima ein bisschen geschont. Mit direktem Bezug zum Wald zwischen Heumaden und Ruit. Mit unendlich vielen Glaskugeln, die uns an die Üppigkeit und Schönheit der Welt und des Lebens erinnern. Und viel Licht. Aber energiesparend als LED. Selbst gemacht. Mit den eigenen Händen und Ideen.

Ich hab auch gespendet. Für das Weihnachtsprojekt unserer Kirche, das sich in diesem Jahr mit Klimaprojekten beschäftigt.

Mal nicht der Krieg im Vordergrund.

Ich will mich nicht als Vorbild hinstellen, aber die Weihnachtsgeschichte soll und will etwas in uns auslösen. Sie soll uns bewegen. Wo auch immer wir gerade stehen und unterwegs sein. Da ist ein Weg, den wir gehen sollen und können. Und einen oder mehrere Schritte machen. Und uns gegenseitig davon erzählen.

Das Christuskind ist auch einen Weg gegangen. Den Weg Gottes, der in die Freiheit und Erlösung führt. Durch den Tod zwar, aber letztlich zur Hoffnung. Zum Glauben. Zur Liebe. Immer wieder neu. In allen Facetten des Lebens.

Wenn das kein lohnender Weg ist. Den es immer wieder gilt nachzugehen.

Und in diesem Sinn wünsche ich Euch Frohe Weihnachten und erlebnisreiche Wege mit dem Christuskind. Amen

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